Susanne Posselt
Schule ohne Noten – Erfahrungen und Entwicklungsfelder am Beispiel der Gemeinschaftsschule in BW
In Baden-Württemberg hat sich vor inzwischen fast 10 Jahren eine neue Schulform auf den Weg zu einer neuen Lern- und Prüfungskultur gemacht: Die Gemeinschaftsschule. Von Klasse 5 bis zur Klasse 9 gibt es Noten nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern. Stattdessen gibt es andere Formen der Rückmeldungen: Coaching, Lernentwicklungsgespräche und kompetenzorientierte Rückmeldungen. Was läuft gut und wo gibt es Schwierigkeiten? Wie ist die Akzeptanz der Eltern? Wie wirken sich die am Ende zu bestehenden Abschlussprüfungen auf die Lernkultur in den Jahren davor aus? Ich möchte kurz Rahmenbedingungen und Erfahrungen an Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg skizzieren und dann mit euch in den Austausch gehen. Was können andere Schularten und Bundesländer von den Erfahrungen aus Baden-Württemberg mitnehmen? Wie könnten man die praktizierte Prüfungskultur weiterentwickeln? Ich freue mich auf angeregte Diskussionen!
Mein Name ist Susanne Posselt und ich bin Lehrerin und Lerngruppenleitung einer inklusiven Lerngruppe an einer Gemeinschaftsschule im Raum Karlsruhe. Als Fortbildnerin und Moderatorin bin ich bereits seit mehreren Jahren mit den Themen „Umgang mit heterogenen Lerngruppen in der Schule“ und „Inklusion“ unterwegs. Da man in inklusiven und heterogenen Lerngruppen am Thema „Schule ohne Noten“ nicht vorbeikommt, beschäftige ich mich schon lange mit alternativen Rückmeldeformaten. Derzeit studiere ich berufsbegleitend im Master Unterrichts- und Schulentwicklung an der PH Freiburg und möchte mich auch aus Sicht der empirischen Bildungsforschung vertieft mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen.
Um was ging es in dieser Session?
💬 Sessiontitel:
Schule ohne Noten
Erfahrungen und Entwicklungsfelder am Beispiel der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg
🕯Impulse/Probleme/Erfahrungen🔦
- Was braucht eine Schule, die dieses Konzept erfolgreich umsetzen will?
- Wo lauern Stolpersteine
- Schulen die nach dem Konzept der Montessori Pädagogik gehen, sind bereits auch ohne noten (GK)
- Erfahrung: ich habe einmal als Waldorflehrerin gearbeitet, die erste Bitte/Frage meiner Schüler*innen war: Sie sind „richtige Lehrerin, kriegen wir jetzt auch Noten?“ – wir wollen Noten (Aspekt Skalierung)- die Rückmeldungen (feedback geben) wurde eigentlich nicht angenommen….Fazit: es braucht eine andere Lernkultur!
- Sind die differenzierten Rückmeldungen nicht ggf. auch verklausulierte Noten?
- Was bedeutet „Noten nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern“ konkret?
- Bei uns (GMS in BW) gibt’s die Lernentwicklungsgespräche im Herbst und Mai, sie sind für alle Eltern und Schüler eigentlich verpflichtend und es findet an diesem Tag kein Unterricht statt.
🤔 Wesentliche Fragen
- Welche nächsten Schritte gehen wir?
- sind die Kompetenzraster wirklich geeignet, individuelles Lernen im Sinne des vertieften Verstehens zu befördern, auch als Grundlage für die Selbsteinschätzung?
- Lernentwicklungsprozess über das schriftliche Format scheint mir weniger sinnvoll als Lerngespräche (SuS-LuL)- danke für die Antwort, das sehe ich auch so!
- zeigen sich die Kompetenzen nicht eher in den Produkten als in Rastern?
💡Ideen/Ansätze
- Coaching als zentrale Element der GMS
- Lernen auf allen Ebenen: Lernen als konstruktivistischer Prozess
- Stellungnahme zu den Lernentwicklungsberichten @DirkBrandes3 in Bremen – Ich stelle gerne Beispiele zur Verfügung: siehe unten! Die Beispiele sind aus einer siebten Klasse und zeigen aus meiner Sicht gelungene Stellungnahmen. Insgesamt empfinde ich die Qualität aller Stellungnahmen – im Vergleich zu anderen Arbeitsergebnissen – als sehr hoch, weil sie bedeutsam sind. Sie sind dann Grundlage der Schüler:innen-Eltern-Lehrer:innen-Gespräche, weil sie die wichtigsten Inhalte der LEBs aus Schüler:innenperspektive wiederspiegeln.
- Reflexionskompetenz: Auch hier kann ich Felix Winter empfehlen- das muss gelernt werden- erst von den Lehrerinnen, dann von den Schülerinnen
- muss für die Lernentwicklung nicht der/die Lernende im Fokus stehen- im Lernentwicklungsgespräch? Eltern sind nicht im Unterricht!
- Die „überfachliche“ Lernentwicklung, die im Coaching angeregt wird, auch im Lernentwicklungsbericht dokumentieren und rückmelden.
- Gemeinsames Dokument für jede:n S im
- Ich versuche, das im Lern- Arbeitsverhalten abzubilden, auch hier gibt es im Vorfeld ein gemeinsames Dokument.
- Im „offiziellen“ Heft zur Leistungsmessung wird ja auf kriteriale und individuelle Bezugsnormen hingewiesen. Und da muss man einfach sehen, dass beide Bereiche nicht in 8 Zeilen passen. Das muss dringend beim KM ankommen…
- Eltern werden bei Anmeldung an der Schule verpflichtet, an den Lernentwicklungsgesprächen teilzunehmen. Die Schüler:innen-Eltern-Lehrer:innen-Sprechtage sind auch bei uns vier mal im Schuljahr verpflichtender Bestandteil der Leistungsrückmeldung. Wir erreichen eigentlich immer alle Eltern (trotz soziostrukturell herausfordernder Lage)
🚩 Ziele – Visionen 🔭
- Dialogischer Ansatz dei der Rückgabe der LEBs: Stellungnahme der Schüler:innen
- Wir brauchen ein Vokabular für das eigene Lernen
- Lernentwicklungsberichte sollten das sein, was sie vorgeben zu sein:
- Es braucht systemische Leitplanken: Verbindliche Vereinbarung zwischen Eltern und Schule
- Rückmeldungen von Eltern zu LEBs
- Dialogisches Lernen, Augenhöhe
- Erziehungspartnerschaft mit den Eltern anstreben
💻 Links – Literaturhinweise 📚
- Felix Winter: Lerndialog statt Noten
- LEBs an der NOG in HB: https://cloud.schule.bremen.de/nextcloud/s/dEMQ8BA3aXp6LJM
- Anleitung zum Markieren, Satzanfänge: https://padlet.com/dirkbrandes83/feedback
- Videoanleitung zum Schreiben der Stellungnahme aus der Distanzlernzeit: https://youtu.be/Lf5QIIJ39Rk
Wer sich vernetzen möchte: gerne Nachricht an mich:
Susanne Posselt Twitter: @susanneposselt schule@susanneposselt.de