Gesine Hopstein
Begeisterungsfähigkeit als Kompetenz? Zu einem angemessenen Leistungsbegriff in künstlerischen Fäche
„Mündliche Abiturprüfung Kunst – Warum deine Begeisterungsfähigkeit alles ist“ – so lautet die Botschaft des Youtubers Leo Eckl, aka „Der Abitur-Coach“. Das Video enthält viele Clichees von Kunstunterricht, mit denen sich engagierte Kolleg*innen sicher nicht identifizieren können. Dennoch antwortet es offensichtlich auf Erfahrungen mancher Schüler*innen. Es scheint für sie völlig diffus zu sein, was in Prüfungssituationen zählt und was umgekehrt erwartbar ist.
Auf der anderen Seite gibt es einen Drang zur Überregulierung unter dem Stichwort Standardsicherung, getarnt unter dem Begriff „Kompetenzorientierung“, ohne einen fachspezifischen Kompetenzbegriff vorher entwickelt zu haben. Aufgaben, die bewertet werden (also in irgendeiner Hinsicht Prüfungsaufgaben sind), werden hier zu „Leistungsaufgaben“, die deutlich unterschieden werden von „Lernaufgaben“ (Rompel/Schoppe 2018). „Eine Klausur in Kunst hat nichts mit Kunst zu tun!“, konstatierte der frühere Fachdezernent für Kunst Fritz Schwarz sogar.
In der Session würde ich gerne mit Euch ins Gespräch kommen über folgende Fragen:
Wie sinnvoll sind solche Festlegungen und Abgrenzungen in komplexen und offenen ästhetischen/künstlerischen Prozessen? Welchen Leistungsbegriff können wir in künstlerischen Fächern anlegen?
Welchen Einfluss haben unsere Vorstellungen von „Leistungen“ auf die Prüfungskultur und die daraus resultierende Situation der Schüler*innen? Wie können Kunstlehrer*innen fremdbestimmte Einengung fachspezifischer Qualitäten verhindern und in Prüfungssituationen trotzdem für die Schüle*innen transparent und unterstützend sein?
Forschende Kunstlehrerin, an verschiedenen Lernorten aktiv. Vernetze mich gerne im Berufsverband, in sozialen Netzwerken und kollaborativen Projekten.
Leistungsbewertung in künstlerischen Fächern ist eine besondere Herausforderung zwischen Legitimationsdruck und Fachlichkeit. Gleichzeitig ist die geradezu ein Tabuthema in der kunstpädagogischen Theorie. Die Impulse zu einem angemessenen Diskurs müssen anscheinend aus der Praxis kommen. Ein Barcamp ist genau der richtige Ort, damit anzufangen!
www.gesinehopstein.de
Um was ging es in dieser Session?
Begeisterungsfähigkeit als Kompetenz? Zu einem angemessenen Leistungsbegriff in künstlerischen Fächern
Teaser
„Mündliche Abiturprüfung Kunst – Warum deine Begeisterungsfähigkeit alles ist“ – so lautet die Botschaft des Youtubers Leo Eckl, aka „Der Abitur-Coach“. Das Video enthält viele Clichees von Kunstunterricht, mit denen sich engagierte Kolleg*innen sicher nicht identifizieren können. Dennoch antwortet es offensichtlich auf Erfahrungen mancher Schüler*innen. Es scheint für sie völlig diffus zu sein, was in Prüfungssituationen zählt und was umgekehrt erwartbar ist.
Auf der anderen Seite gibt es einen Drang zur Überregulierung unter dem Stichwort Standardsicherung, getarnt unter dem Begriff „Kompetenzorientierung“, ohne einen fachspezifischen Kompetenzbegriff vorher entwickelt zu haben. Aufgaben, die bewertet werden (also in irgendeiner Hinsicht Prüfungsaufgaben sind), werden hier zu „Leistungsaufgaben“, die deutlich unterschieden werden von „Lernaufgaben“ (Rompel/Schoppe 2018). „Eine Klausur in Kunst hat nichts mit Kunst zu tun!“, konstatierte der frühere Fachdezernent für Kunst Fritz Schwarz sogar.
In der Session würde ich gerne mit Euch ins Gespräch kommen über folgende Fragen:
Wie sinnvoll sind solche Festlegungen und Abgrenzungen in komplexen und offenen ästhetischen/künstlerischen Prozessen? Welchen Leistungsbegriff können wir in künstlerischen Fächern anlegen?
Welchen Einfluss haben unsere Vorstellungen von „Leistungen“ auf die Prüfungskultur und die daraus resultierende Situation der Schüler*innen? Wie können Kunstlehrer*innen fremdbestimmte Einengung fachspezifischer Qualitäten verhindern und in Prüfungssituationen trotzdem für die Schüle*innen transparent und unterstützend sein?
Diskussion
Arbeit in Projekten, individuelle Zugänge zur Welt
Abitur, auch praktische Klausuren, wird als einengend empfunden
Justiziabilität steht über allem
Überforderung bei einem bürgerlichen Kunstbegriffs
mit Schüler*innen gemeinsam Qualitäten definieren
Kriterien, Auftragsarbeiten als Entlastung, keine Kunst machen zu müssen
unterschiedliche Kunstbegriffe setzen unterschiedliche Kriterien und Qualitäten
spezifische Qualitäten unterschiedlicher Phasen und Anteile eines Gestaltungsprozess
Prozessanteile mitbewerten
mit Schüler*inne reflektieren, wie hemmend Noten sind
Unterricht inklusiv gestalten
Erprobungs- und Übungsphasen sind wichtig, aber sollte diese Phasen aus dem Leistungsbegriff ausgeklammert werden?
individuelle Förderung, allgemeinbildende Aufgabe jenseits eines veralteten Begabungsbegriffs pflegen – vor allem auch im Kunstunterricht
- Begleitung in langfristig angelegten Formaten
Transformatorischen Bildungsbegriff ansetzen
individuelle Bezugsnorm verstärkt nutzen bei der Bewertung
Gedanken gerne auch hier noch im Nachhinein eintragen:
Literatur
- Billmayer, Franz, Die ästhetisch erzeugte Wirklichkeit als Grundlage einer integrativen Theorie der Kunsterziehung, 2002, in, http://old.bilderlernen.at/theorie/aesth-wirkl.html 16.7.2020.
- Kolb, Gila: #Können. In: Manfred Blohm (Hg.): Kunstpädagogische Stichworte. Hannover 2016, S. 47-49.
- Krebber, Gesa: Kollaboration in der Kunstpädagogik. Studien zu neuen Formen gemeinschaftlicher Praktiken Kunst Medien Bildung. München 2020.
- Meyer, Torsten: Die Bildung des (neuen) Mediums – Mediologische Perspektiven der Medienbildung. In: Winfried Marotzki/ Norbert Meder (Hg.): Perspektiven der Medienbildung. Medienbildung und Gesellschaft, Bd. 27. Wiesbaden 2014, S. 149-171.
- Sacher, Werner: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. 6. erw. Aufl. Bad Heilbronn 2014.
- Selle, Gert: Kunstpädagogik und ihr Subjekt. Entwurf einer Praxistheorie. 2. Aufl. Oldenburg 2003.